Betriebsbedingte Kündigungen sind vom Tisch

[Weinheimer Nachrichten vom 11. Juli 2009]

Weinheim. Beim Schlichtungstermin für die rund 2000 Beschäftigten der Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik (FDS) in Weinheim und Reichelsheim haben sich in der Nacht zum Freitag die Beteiligten auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Damit konnte ein Arbeitskampf vermieden werden. Wichtigstes Ergebnis: Das Thema betriebsbedingte Kündigungen ist erst einmal vom Tisch. Dafür kann die Kurzarbeit bis zum 31. Dezember 2010 ausgedehnt werden.

Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch FDS auf 80 Prozent des Nettolohns bleibt bestehen. Für Mitarbeiter, die nicht in Kurzarbeit sind, kann die Wochenarbeitszeit bis zu zehn Prozent ohne Lohnausgleich reduziert werden. Das Unternehmen gab gestern weitere Details der Vereinbarung bekannt: Die Tariflöhne und Gehälter werden ab 1. April 2010 um 1,7 Prozent erhöht. Die Laufzeit dieser Vereinbarung endet am 28. Februar 2011. Für den Zeitraum April 2009 bis März 2010 ist eine Einmalzahlung in Höhe von 400 Euro vereinbart.

Das 13. Monatsgehalt wird für dieses Jahr von 95 Prozent auf 80 Prozent reduziert. Sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anhalten, gilt diese Regelung auch für das 13. Monatsgehalt 2010. Allerdings verfällt der Anspruch aus 2010 nicht, sondern wird bei verbesserter wirtschaftlicher Situation bis spätestens 2015 an die Tarifmitarbeiter ausgezahlt.

Weiter Kostensenkung notwendig

Allerdings betonte die Geschäftsleitung, dass mit den vereinbarten Regelungen "das notwendige Einsparvolumen bei FDS, das aus dem drastischen Auftragseinbruch resultiert, nicht erreicht wird. Mit diesem Ergebnis stehen wir weiter vor der großen Herausforderung, unsere Kostensituation an das stark reduzierte Geschäftsvolumen anpassen zu müssen", sagte FDS-Chef Claus Möhlenkamp: "Wir müssen jetzt nach weiteren Möglichkeiten suchen, die nach diesem Abschluss bestehende erhebliche Kostenlücke zu schließen."

Wie groß diese Lücke konkret ist, ließ Möhlenkamp offen. Einen Hinweis liefern indes die Forderungen, die seitens der Geschäftsleitung vor der Schlichtung genannt worden waren: Damals war unter anderem der Verzicht auf die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und eine Kürzung des Weihnachtsgeldes auf 50 Prozent als notwendige Sparmaßnahmen bezeichnet worden.

Angesichts dieser Maximalforderungen zeigte sich gestern Betriebsratsvorsitzender Helmut Schmitt im Gespräch mit unserer Zeitung zufrieden: "In Anbetracht der Weltwirtschaftskrise ist das ein recht gutes Ergebnis, auch wenn wir einige Kröten schlucken mussten."

Der Tarifabschluss sei ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können. Das Wichtigste sei, dass die Kollegen nun keine Angst mehr vor betriebsbedingten Kündigungen haben müssten. Deshalb sei das Ergebnis von den Kollegen sehr positiv aufgenommen worden.

Vergleich mit Daimler-Ergebnis

Das Ergebnis bei FDS kann sich aus Sicht der Mitarbeiter auch im Vergleich mit anderen Unternehmen, die von der Krise stark betroffen sind, sehen lassen. So hatten sich beispielsweise die Tarifparteien der Lkw-Sparte im Mannheimer Werk der Daimler AG Ende April auf ähnliche Regelungen bei der Kurzarbeit und der Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich geeinigt. Die Tariferhöhung bei Daimler wurde um fünf Monate verschoben, die Jahresprämie für 2008 vorerst gar nicht ausgezahlt.

Bettermann sieht Strukturkrise

Allerdings ist damit die Krise weder bei Daimler noch bei FDS schon ausgestanden. Freudenberg-Konzernchef Dr. Peter Bettermann macht im neuen Mitarbeitermagazin deutlich, dass in den nächsten Monaten der "Übergang von der Konjunktur- zur Strukturkrise" erfolgen werde: "Jeder Euro, den wir zur Bewahrung alter Strukturen verschwenden, fehlt für die Gestaltung der Zukunft." Konkret bedeute dies, dass man beispielsweise in den stark automobillastigen Geschäften Wege finden müsse, wie man von den dramatischen Überkapazitäten herunterkommt.

Carsten Propp

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