Europas Freudenberger zogen durch Weinheim

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 16. Mai 2009]

Von Nadja Müller und Thomas Veigel.

Weinheim. "Wir wollten unseren Unmut lautstark und visuell kundtun. Schade, dass sich die Unternehmensleitung unseren Fragen offensichtlich nicht stellt", sagt Bernd Egner. Er ist Vorsitzender des Konzernbetriebsrats Freudenberg. Eigentlich wollten er und hunderte Freudenberg-Mitarbeiter gestern in den Hermannshof marschieren. In der dortigen Villa hält die Unternehmensleitung traditionsgemäß ihre alljährliche Bilanz-Pressekonferenz ab. Die wurde aber nach Mannheim und Frankfurt verlegt, nachdem bekannt wurde, dass der Betriebsrat eine spontane Protestaktion plante. Wäre es nach den Arbeitnehmervertretern gegangen, hätte die Unternehmensleitung im Hermannshof nicht nur das gute Betriebsergebnis verkündigen, sondern auch Stellung zum Arbeitsplatzabbau nehmen sollen.

Der Sprecher der Unternehmensleitung, Peter Bettermann, nannte es seinerseits "einen unfreundlichen Akt", die Bilanzpressekonferenz als Anlass für einen Protestzug zum Hermannshof zu nehmen. Er sagte aber auch, dass man nichts tun wolle, was die bisher offenen Gesprächskanäle stören könnte. Man wolle sich gemeinsam auf die schwere Aufgabe konzentrieren, zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen. Über das Verhältnis zum Betriebsrat könne man sich nicht beklagen. Bei den Vliesstoffen sei die Konsensfähigkeit so hoch wie noch nie, und man werde die laufenden Verhandlungen in Kürze zum Abschluss bringen. Im Prinzip seien "die Dinge durch", sagte der in der Unternehmensleitung für den Bereich zuständige Martin Stark. Die Produktion sei gesichert, der Vertrieb werde europaweit völlig neu ausgerichtet.

Weil die Mitarbeiter zuerst informiert werden sollen, gab es keine Zahlen zum Stellenabbau. Der Betriebsrat hatte von 300 bedrohten Arbeitsplätzen in Weinheim und Laudenbach gesprochen, in Deutschland seien 550 Jobs in Gefahr. Das bestätigte die Unternehmensleitung aber nicht. Egner sagt dagegen:"Unsere Zahlen haben Arbeitnehmervertreter zusammengetragen." Sie seien von den einzelnen Geschäftsleitungen bestätigt worden. Weitere Gespräche sollen in der kommenden Woche stattfinden, Protestaktionen seien derzeit aber keine geplant. Dennoch: "Es gibt einen großen Rückhalt in der Belegschaft, und wir versuchen, uns mit allen Mitteln zu wehren." Diese Solidarität zeigte sich beim Protestmarsch: Freudenberger aus Hamburg und Berlin reisten ebenso an wie Mitarbeiter aus den Niederlanden und Frankreich.

Werksschließungen und Personalabbau werden aber "flächendeckend unausweichlich" sein, machte die Unternehmensleitung bei der Pressekonferenz klar. Die Sorgen der Mitarbeiter seien verständlich; es werde Anpassungen geben, aber keine dramatischen Zahlen. Das Gros der Mitarbeiter müsse sich keine Sorgen machen. Die Finanzlage des Unternehmens sei so gut, dass man auch eine lange und schwere Krise überstehe. In Weinheim soll weiter investiert werden: Zurzeit wird ein zusätzliches Rechenzentrum gebaut. Zum Jahresende 2008 arbeiteten 5036 Mitarbeiter in Weinheim, ein Jahr zuvor waren es 5149. Die Veränderung betrifft, laut Unternehmensleitung, vor allem den Verkauf von Service-Gesellschaften.

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