Vom "Tag der Arbeit" zum Termin für Grillpartys

[Weinheimer Nachrichten vom 30. April 2008]

Weinheim. Bei einer Vortragsveranstaltung im griechischen Restaurant "Beim Alex" mit einer anschließenden regen Diskussion zeigte der DGB Weinheim auf, wie der "Tag der Arbeit" in die Welt kam und wie er sich inzwischen gewandelt hat.

Die Vorsitzende des DGB Weinheim, Marie Luise Weiß, brachte es auf den Punkt: Früher war der 1.Mai als Tag der Arbeit fast weltweit ein Appell, die Rechte der arbeitenden Menschen zu verteidigen. Heute hingegen sei er zu einem Vergnügungstag mit Vereinsausflügen und Grillpartys verkommen. Doch gerade heute wäre es dringend geboten, für diese Rechte einzutreten.

Zuvor hatte Harry Siegert (Viernheim) in einem Vortrag - begleitet von einer Bilder-Collage - aufgezeigt, wie es zu diesem "Tag der Arbeit" kam und wie wichtig damals das Eintreten der Arbeiterschaft für einen Acht-Stunden-Tag war. Vor dem Hintergrund der französischen Revolution 1789 und der Gründungsversammlung der 2. Internationale am 1889 beschrieb er den Beschluss, am 1. Mai 1890 in allen Ländern Kundgebungen für den achtstündigen Arbeitstag zu organisieren. Der Beschluss wurde zur "Geburtsurkunde" dieser Maifeier. In Deutschland gab es die ersten Feiern zum "Tag der Arbeit" am 1. Mai 1914. Gleichzeitig sollte damit auch jährlich an die "Haymarket-Tragödie" vom 3. und 4. Mai 1886 in Chicago erinnert werden. Die Gewerkschaften in Chicago hatten für den 1. Mai 1886 zu einem Generalstreik aufgerufen. Bei Protestkundgebungen gab es durch Schüsse der Polizei Tote bei den Demonstranten und bei der Polizei selbst. Danach wurden mehrere Gewerkschaftsmitglieder verhaftet, unter ihnen auch der aus Mannheim stammende Louis Lingg, der - wie auch andere Beschuldigte - nachweislich nicht auf dem Platz der Demonstration (Haymarket) war. Trotzdem wurden einige von ihnen in einem Schauprozess verurteilt und hingerichtet. Louis Lingg starb unter mysteriösen Umständen in der Zelle.

Siegert erinnerte daran, welche Rechte die Gewerkschaften für die Arbeitnehmerschaft von 1850 bis 1900 erstritten haben. Sie seien zum großen Teil auf dem Altar der Agenda 2010 geopfert worden. Ein wichtiges Thema in der anschließenden Diskussion war der Verlust der Wertstellung menschlicher Arbeitskraft. Dieses Defizit könne nur durch eine Bildungsoffensive ausgeglichen werden. Mit den Arbeitnehmern werde heute ebenso verfahren wie in der Vergangenheit. Schon in den Anfängen der Arbeiterbewegung seien Arbeitskräfte austauschbar gewesen. Bezweifelt wurden die Zahlen der Arbeitslosenstatistik. Wenn man die vielen Ein-Euro-Jobs, Niedrigstlöhne und Umschulungsabsolventen hinzuzähle, wären es nicht 3,5, sondern fünf Millionen Arbeitslose. Die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, führe bei vielen Arbeitnehmern zu einem erniedrigenden Anpassungsverhalten. Diese seien dann auch die Streikbrecher, wenn die Gewerkschaft mit einem Arbeitskampf bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen erreichen wolle. Ein Diskussionsredner gab jedoch zu bedenken, dass in der heutigen Konsumgesellschaft auch viele Frauen berufstätig seien, es gebe also mehr Arbeitsplätze als früher.

Ein wichtiges Diskussionsthema waren die unterschiedlichen Bildungs-Chancen nach dem Motto "Wer Geld hat, darf studieren". Ein Diskussionsredner merkte an, dass selbst hochqualifizierte Fachleute die fatalen Spielregeln unsozialer Wirtschaftsprozesse nicht erkennen würden. Deshalb sei es wichtig, dass bei der Bildung junger Menschen auch Sozialkompetenz vermittelt werde. h.t.

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