Eines ist allen klar: „Ohne Arbeit stirbt die Stadt"
[Rhein-Neckar-Zeitung vom 05. Februar 2007]
Von Karin Katzenberger-Ruf.
"Ohne Arbeit stirbt die Stadt" ist auf dem Transparent über der Bühne zu lesen. Dennoch soll das Thema Arbeitsplatzabbau beim Solidaritätsfest im Rolf-Engelbrecht-Haus auch von der heiteren Seite beleuchtet werden.
Seit gut einem halben Jahr bereitete das Solidaritätskomitée für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Weinheim und Region das Fest vor, bei dem es nun tatsächlich was zu feiern gibt. Schließlich ist der Verkauf der Freudenberg Bausysteme KG vorerst auf Eis gelegt. Ausschlaggebend dafür war die Besetzung der Werkstore am 19. Januar, bei der alle Beschäftigten und vor allem auch leitende Angestellte mitmachten. Der zehnstündige "Ausnahmezustand" hat laut Komitée-Sprecher Helmut Schmitt in Sachen Solidarität ein deutliches Signal gesetzt.
Im Foyer erzählt ein Gast, er sei bei der Aktion dabei gewesen. Der 70-Jährige ist gewerkschaftlich engagiert und sehr sportlich. Schließlich will er fit bleiben, um auch künftig bei Demonstrationen mitmarschieren zu können. Beim Solidaritätsfest treten die Gruppen, die das rund vierstündige Bühnenprogramm gestalten, ohne Gage auf. So auch das Musikkabarett "Härzbluut", das dem Publikum unter anderem einen Workshop unter dem Motto "Gewinnendes Lächeln und Dynamik" anbietet. Ganz wichtig in unserem Wirtschaftsleben. Ein Grußwort der Weinheimer Unternehmer-Vereinigung ist ebenfalls Teil des Kabarett-Programms. "Ich bin heute Abend emotional geladen", gesteht Udo Belz, Betriebsratsvorsitzender von Alstom Power Mannheim. Gerade hat er das Gesellschaftssystem kritisiert, in dem Arbeitnehmer "wie Sklaven verkauft" werden. Der blanke Terror sind für ihn Unternehmer, die einer um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Belegschaft "Nötigung" vorwerfen. So geschehen nach besagter Besetzung der Werkstore bei Freudenberg. Alstom-Beschäftigte haben einen ähnlichen Kampf hinter und wohl bald wieder vor sich, wie Udo Belz ankündigte.
Im Unternehmen gründete sich vor drei Jahren ein Chor, für den der Grafiker Bernd Köhler das Lied "Unsere Chance – Résistance" schrieb. Schließlich sollte der Song auch im französischen Firmensitz verstanden werden. "Manche Lieder sind 20 Jahre alt aber noch oder wieder aktuell", so Köhler. ein Beispiel: "Ausgesperrt" oder "Keine Wahl". Letztgenannten Titel schrieb er 1987, als es um die Schließung der Hütte in Hattingen ging, die damals nicht verhindert werden konnte. Doch die Textzeile mit einem Zitat von Bertolt Brecht hat immer noch Bestand: "Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren." Bernd Köhler ist sich sicher: Die in den neunziger Jahren in Vergessenheit geratene Kultur des Arbeiterliedes wird wieder neu aufleben. An dem Abend ist der Chor, der sich aufgrund seiner Mitgliederzahl gern als "Wilde 13" betiteln lässt, der einzige, der aus einer Belegschaft heraus entstand.
Nochmals zu den Grußworten: Als Betriebsratsvorsitzender der Freudenberg Vliesstoffe KG erinnert Norbert Pöhlert an die Ereignisse vor einigen Monaten. Auch damals galt es, sich gegen Arbeitsplatzbau und massive Lohnkürzungen zu kämpfen. Jetzt muss "nur" ein Viertel der rund 400 Beschäftigten gehen. Wenigstens ein Teilerfolg. Dagegen glaubt der Betriebsratsvorsitzende von Coronet in Waldmichelbach nicht, dass das Haushaltsartikel vertreibende Unternehmen zu halten ist. Derzeit gibt es seinen Worten nach nur noch etwa 100 Mitarbeiter. Zu stark ist die Konkurrenz aus Fernost.
Erster Bürgermeister Torsten Fetzner war zu fortgeschrittener Stunde vor Ort und versicherte, dass die Stadt die Belange der Belegschaft von Freudenberg unterstütze.
Von Karin Katzenberger-Ruf.
"Ohne Arbeit stirbt die Stadt" ist auf dem Transparent über der Bühne zu lesen. Dennoch soll das Thema Arbeitsplatzabbau beim Solidaritätsfest im Rolf-Engelbrecht-Haus auch von der heiteren Seite beleuchtet werden.
Seit gut einem halben Jahr bereitete das Solidaritätskomitée für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Weinheim und Region das Fest vor, bei dem es nun tatsächlich was zu feiern gibt. Schließlich ist der Verkauf der Freudenberg Bausysteme KG vorerst auf Eis gelegt. Ausschlaggebend dafür war die Besetzung der Werkstore am 19. Januar, bei der alle Beschäftigten und vor allem auch leitende Angestellte mitmachten. Der zehnstündige "Ausnahmezustand" hat laut Komitée-Sprecher Helmut Schmitt in Sachen Solidarität ein deutliches Signal gesetzt.
Im Foyer erzählt ein Gast, er sei bei der Aktion dabei gewesen. Der 70-Jährige ist gewerkschaftlich engagiert und sehr sportlich. Schließlich will er fit bleiben, um auch künftig bei Demonstrationen mitmarschieren zu können. Beim Solidaritätsfest treten die Gruppen, die das rund vierstündige Bühnenprogramm gestalten, ohne Gage auf. So auch das Musikkabarett "Härzbluut", das dem Publikum unter anderem einen Workshop unter dem Motto "Gewinnendes Lächeln und Dynamik" anbietet. Ganz wichtig in unserem Wirtschaftsleben. Ein Grußwort der Weinheimer Unternehmer-Vereinigung ist ebenfalls Teil des Kabarett-Programms. "Ich bin heute Abend emotional geladen", gesteht Udo Belz, Betriebsratsvorsitzender von Alstom Power Mannheim. Gerade hat er das Gesellschaftssystem kritisiert, in dem Arbeitnehmer "wie Sklaven verkauft" werden. Der blanke Terror sind für ihn Unternehmer, die einer um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Belegschaft "Nötigung" vorwerfen. So geschehen nach besagter Besetzung der Werkstore bei Freudenberg. Alstom-Beschäftigte haben einen ähnlichen Kampf hinter und wohl bald wieder vor sich, wie Udo Belz ankündigte.
Im Unternehmen gründete sich vor drei Jahren ein Chor, für den der Grafiker Bernd Köhler das Lied "Unsere Chance – Résistance" schrieb. Schließlich sollte der Song auch im französischen Firmensitz verstanden werden. "Manche Lieder sind 20 Jahre alt aber noch oder wieder aktuell", so Köhler. ein Beispiel: "Ausgesperrt" oder "Keine Wahl". Letztgenannten Titel schrieb er 1987, als es um die Schließung der Hütte in Hattingen ging, die damals nicht verhindert werden konnte. Doch die Textzeile mit einem Zitat von Bertolt Brecht hat immer noch Bestand: "Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren." Bernd Köhler ist sich sicher: Die in den neunziger Jahren in Vergessenheit geratene Kultur des Arbeiterliedes wird wieder neu aufleben. An dem Abend ist der Chor, der sich aufgrund seiner Mitgliederzahl gern als "Wilde 13" betiteln lässt, der einzige, der aus einer Belegschaft heraus entstand.
Nochmals zu den Grußworten: Als Betriebsratsvorsitzender der Freudenberg Vliesstoffe KG erinnert Norbert Pöhlert an die Ereignisse vor einigen Monaten. Auch damals galt es, sich gegen Arbeitsplatzbau und massive Lohnkürzungen zu kämpfen. Jetzt muss "nur" ein Viertel der rund 400 Beschäftigten gehen. Wenigstens ein Teilerfolg. Dagegen glaubt der Betriebsratsvorsitzende von Coronet in Waldmichelbach nicht, dass das Haushaltsartikel vertreibende Unternehmen zu halten ist. Derzeit gibt es seinen Worten nach nur noch etwa 100 Mitarbeiter. Zu stark ist die Konkurrenz aus Fernost.
Erster Bürgermeister Torsten Fetzner war zu fortgeschrittener Stunde vor Ort und versicherte, dass die Stadt die Belange der Belegschaft von Freudenberg unterstütze.
labudda - 5. Feb, 11:53
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