Stürmische Zeiten bei Freudenberg

[Weinheimer Nachrichten vom 19. Januar 2007]

Weinheim. (pro) Das stürmische Wetter passte gestern zur Stimmung jener Mitarbeiter der Freudenberg Bausysteme KG (FBS), die sich an der Demonstration gegen den geplanten Verkauf ihrer Gesellschaft beteiligten. Vom Tor 2 des Stammwerkes zogen sie durch das angrenzende Wohngebiet und später übers Firmengelände, um anschließend die um 13.30 Uhr begonnene Betriebsversammlung fortzusetzen - "und zwar so lange, bis der Sprecher der Unternehmensleitung, Dr. Bettermann, oder die Familie Freudenberg schriftlich von den Verkaufsplänen abrücken", erklärte der Betriebsratsvorsitzende Karl-Heinz Kuschel gegenüber unserer Zeitung.

Doch niemand rechnete ernsthaft damit, dass eine solche Erklärung im Laufe des Tages kommen würde. "Dann wird sich heute bei FBS kein Rad mehr drehen", gab sich Kuschel kämpferisch. In Sprechchören und auf Transparenten formulierten die Demonstranten, deren Zahl der Betriebsrat auf 400 bis 500 schätzte, ihre Forderungen: "Sie wollen uns verkaufen, das lassen wir nicht zu. Wir wehren uns gemeinsam und geben keine Ruh"", riefen sie, während der Wind an den Transparenten zerrte: "Sicherheit für Arbeitsplätze und Tarifverträge" war darauf zu lesen.

Laut Kuschel beteiligten sich an der Demo auch Betriebsräte aller anderen Freudenberg-Gesellschaften in Weinheim, "weil allen klar ist, dass beim Verkauf von FBS jede KG unmittelbar betroffen wäre". Sollte die Bausysteme KG mit ihren über 900 Mitarbeitern in Weinheim tatsächlich an einen direkten Konkurrenten verkauft werden, "dann wäre das tödlich fürs Geschäft", sprach er aus, was viele Kollegen befürchten. Bei den Arbeitnehmern des potenziellen Käufers gebe es ganz ähnliche Sorgen, sagte Kuschel weiter, ohne den Namen der Firma preiszugeben.

Überrascht zeigte er sich von der gestrigen Aussage der Pressesprecherin der Unternehmensgruppe Freudenberg, Cornelia Buchta-Noack, dass immer noch mit mehr als einem Interessenten verhandelt werde. Der Unternehmensleitung warf er eine Hinhaltetaktik vor, zumal es Ende vergangener Woche "Signale gegeben" habe, dass wegen der schwierigen Gespräche mit dem Interessenten ein Verkauf von FBS vom Tisch sei. Am Dienstag habe dann Lorenz Freudenberg als Beauftragter der Konzernleitung die "Kehrtwende vollzogen".

Dieser Darstellung widersprach gestern Nachmittag auf Anfrage unserer Zeitung Pressesprecherin Buchta-Noack. "Solche Signale hat es von Seiten der Unternehmensleitung nie gegeben." Sie verteidigte die Verkaufsabsichten als "strategische Entscheidung zur langfristigen Standort- und Arbeitsplatzsicherung" bei FBS.

Kurz nach 18 Uhr sprach Oberbürgermeister Heiner Bernhard bei der Betriebsversammlung. Es stehe ihm nicht zu, unternehmerische Entscheidungen zu kritisieren, bevor sie gefallen sind. Aber es stehe ihm sehr wohl zu, mit den Betroffenen zu reden und gemeinsam mit ihnen auf einen guten Ausgang zu hoffen. Er erneuerte seinen Appell an die Verantwortlichen, bei ihren Entscheidungen die Folgen für die Arbeitnehmer und für den traditionellen Betriebsstandort Weinheim zu bedenken.

Der Protest wird auch am heutigen Freitag weitergehen. Ab 5.30 Uhr sollen vor allen Betriebstoren Flugblätter des Konzernbetriebsrates verteilt werden.

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