Soziales Klima verschlechtert
[Weinheimer Nachrichten vom 03. Mai 2006]
Weinheim. (pro) Unter anderen Vorzeichen als sonst stand der gemeinsame Empfang der Stadt Weinheim und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Vorabend des 1. Mai. Rund 100 Bürger, überwiegend Mandatsträger, hatten sich dazu im großen Sitzungssaal des Rathauses eingefunden.
Sowohl Oberbürgermeister Heiner Bernhard als auch Tina Gulden vom Vorstand des DGB Weinheim bezogen unmissverständlich Position gegen die am 1. Mai geplante Demonstration der rechtsgerichteten "Bürgerinitiative für soziale Gerechtigkeit".
Doch in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen stellten sie den "Tag der Arbeit". Was sich im Verlauf der letzten zwölf Monate auf den Gebieten Wirtschaft und Arbeitsmarkt vollzogen hat, habe das soziale Klima sehr negativ beeinflusst, auch in Weinheim, zeigte sich der Oberbürgermeister besorgt. Er habe Verständnis dafür, wenn die Menschen um ihren Arbeitsplatz kämpfen; insbesondere dann, wenn sie in einem Alter sind, "in dem sie einerseits beruflich ohne Chance und andererseits vom Anspruch auf Altersruhegeld noch weit entfernt sind". Diese Schicksale würden ihn "manchmal auch sehr ratlos" machen, räumte er ein. In diesem Zusammenhang erinnerte Bernhard an die 3624 Unterschriften, die Vertreter des "Solidaritätskomitees für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Weinheim und der Region" Ende März übergeben haben. Zwar warnte er davor, alle Firmen, die Personal abbauen, über einen Kamm zu scheren. Aber er werde alles versuchen, etwas gegen den Stellenabbau zu tun.
Dazu zitierte er zunächst den konservativen Ministerpräsidenten Luxemburgs, Jean-Claude Juncker, der in einem Interview unter anderem sagte: "Wenn Arbeitnehmer alle sechs Monate neue Arbeitsverträge schließen sollen, so entspricht das einer Wildwest-Ökonomie, die nicht zur sozialen Marktwirtschaft passt. Und wo habe ich den Beweis, dass es dann tatsächlich mehr Jobs gibt?" Bernhard aus dem Herzen sprach offenbar auch Porsche-Chef Wendelin Wiedekind, den der Oberbürgermeister mit diesen Worten zitierte: "Das Land krankt auch daran, dass sich die Eliten ihrer Verantwortung entledigen."
Andererseits könne man bei objektiver Betrachtung die Auswirkungen der Globalisierung auf die Binnenwirtschaft nicht wegdiskutieren. Der damit einhergehende Strukturwandel mache Anpassungen notwendig, aber nur "bis zu einem gewissen Grad". Denn er glaube nicht, dass jemand die Aussage widerlegen kann, " wir können uns auf Dauer nur behaupten, wenn wir auch vor Ort produzieren".
Bernhard räumte ein, dass auch die Stadt Weinheim seit Jahren Stellen abbaut. Man folge damit der eigenen Erkenntnis und den Einspar-Forderungen des Gemeinderates. Dabei äußerte er Kritik an der Gewerkschaft Ver.di wegen des wochenlangen Streiks im öffentlichen Dienst. Das Argument, die Erhöhung der Wochenarbeitszeit koste Arbeitsplätze, stimme so einfach nicht. Ihm sei keine Verwaltung bekannt, die beabsichtige, als Konsequenz längerer Arbeitszeiten Stellen zu streichen. Den Kommunen, die finanziell am Ende seien und keinen Spielraum in ihren Stellenplänen hätten, sei es darum gegangen, ihre Aufgaben so gut wie möglich zu erfüllen. Doch Ver.di habe daraus eines "Frage des Prinzips" gemacht.
Von einer "tief zerstrittenen Gesellschaft" sprach Tina Gulden vom DGB. Das diesjährige Motto zum 1. Mai - "deine Würde ist unser Maß - zeige, wie bescheiden die Gewerkschaften notgedrungen geworden seien. Aber bei den über sechs Millionen Arbeitslosen gehe es heute in der Tat um ihre Würde, die ihnen genommen werde, wenn man sie vom Arbeitsmarkt ausschließt und diese Opfer wie Täter behandelt, wenn man ihnen einen Meldepflicht und den Besuch unsinniger Kurse auferlegt. Scharfe Kritik äußerte Tina Gulden sowohl an den etablierten Parteien als auch an den deutschen Unternehmen. Arbeitnehmer würden nur noch als Kostenfaktor gesehen, für Würde sei bei diesem Denken kein Platz. Auch in Weinheim gebe es dafür zahlreiche Beispiele, so Tina Gulden weiter. Insbesondere die Firma Freudenberg stehle sich immer mehr aus ihrer sozialen Verantwortung.
Weinheim. (pro) Unter anderen Vorzeichen als sonst stand der gemeinsame Empfang der Stadt Weinheim und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Vorabend des 1. Mai. Rund 100 Bürger, überwiegend Mandatsträger, hatten sich dazu im großen Sitzungssaal des Rathauses eingefunden.
Sowohl Oberbürgermeister Heiner Bernhard als auch Tina Gulden vom Vorstand des DGB Weinheim bezogen unmissverständlich Position gegen die am 1. Mai geplante Demonstration der rechtsgerichteten "Bürgerinitiative für soziale Gerechtigkeit".
Doch in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen stellten sie den "Tag der Arbeit". Was sich im Verlauf der letzten zwölf Monate auf den Gebieten Wirtschaft und Arbeitsmarkt vollzogen hat, habe das soziale Klima sehr negativ beeinflusst, auch in Weinheim, zeigte sich der Oberbürgermeister besorgt. Er habe Verständnis dafür, wenn die Menschen um ihren Arbeitsplatz kämpfen; insbesondere dann, wenn sie in einem Alter sind, "in dem sie einerseits beruflich ohne Chance und andererseits vom Anspruch auf Altersruhegeld noch weit entfernt sind". Diese Schicksale würden ihn "manchmal auch sehr ratlos" machen, räumte er ein. In diesem Zusammenhang erinnerte Bernhard an die 3624 Unterschriften, die Vertreter des "Solidaritätskomitees für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Weinheim und der Region" Ende März übergeben haben. Zwar warnte er davor, alle Firmen, die Personal abbauen, über einen Kamm zu scheren. Aber er werde alles versuchen, etwas gegen den Stellenabbau zu tun.
Dazu zitierte er zunächst den konservativen Ministerpräsidenten Luxemburgs, Jean-Claude Juncker, der in einem Interview unter anderem sagte: "Wenn Arbeitnehmer alle sechs Monate neue Arbeitsverträge schließen sollen, so entspricht das einer Wildwest-Ökonomie, die nicht zur sozialen Marktwirtschaft passt. Und wo habe ich den Beweis, dass es dann tatsächlich mehr Jobs gibt?" Bernhard aus dem Herzen sprach offenbar auch Porsche-Chef Wendelin Wiedekind, den der Oberbürgermeister mit diesen Worten zitierte: "Das Land krankt auch daran, dass sich die Eliten ihrer Verantwortung entledigen."
Andererseits könne man bei objektiver Betrachtung die Auswirkungen der Globalisierung auf die Binnenwirtschaft nicht wegdiskutieren. Der damit einhergehende Strukturwandel mache Anpassungen notwendig, aber nur "bis zu einem gewissen Grad". Denn er glaube nicht, dass jemand die Aussage widerlegen kann, " wir können uns auf Dauer nur behaupten, wenn wir auch vor Ort produzieren".
Bernhard räumte ein, dass auch die Stadt Weinheim seit Jahren Stellen abbaut. Man folge damit der eigenen Erkenntnis und den Einspar-Forderungen des Gemeinderates. Dabei äußerte er Kritik an der Gewerkschaft Ver.di wegen des wochenlangen Streiks im öffentlichen Dienst. Das Argument, die Erhöhung der Wochenarbeitszeit koste Arbeitsplätze, stimme so einfach nicht. Ihm sei keine Verwaltung bekannt, die beabsichtige, als Konsequenz längerer Arbeitszeiten Stellen zu streichen. Den Kommunen, die finanziell am Ende seien und keinen Spielraum in ihren Stellenplänen hätten, sei es darum gegangen, ihre Aufgaben so gut wie möglich zu erfüllen. Doch Ver.di habe daraus eines "Frage des Prinzips" gemacht.
Von einer "tief zerstrittenen Gesellschaft" sprach Tina Gulden vom DGB. Das diesjährige Motto zum 1. Mai - "deine Würde ist unser Maß - zeige, wie bescheiden die Gewerkschaften notgedrungen geworden seien. Aber bei den über sechs Millionen Arbeitslosen gehe es heute in der Tat um ihre Würde, die ihnen genommen werde, wenn man sie vom Arbeitsmarkt ausschließt und diese Opfer wie Täter behandelt, wenn man ihnen einen Meldepflicht und den Besuch unsinniger Kurse auferlegt. Scharfe Kritik äußerte Tina Gulden sowohl an den etablierten Parteien als auch an den deutschen Unternehmen. Arbeitnehmer würden nur noch als Kostenfaktor gesehen, für Würde sei bei diesem Denken kein Platz. Auch in Weinheim gebe es dafür zahlreiche Beispiele, so Tina Gulden weiter. Insbesondere die Firma Freudenberg stehle sich immer mehr aus ihrer sozialen Verantwortung.
darkrond - 3. Mai, 09:00
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