"Schleichender Ausverkauf des Standorts Weinheim"

[Weinheimer Nachrichten vom 26. Oktober 2005]

Weinheim. (-) Mitte Oktober kündigte die Geschäftsführung von Freudenberg Vliesstoffe an, dass sie aufgrund der "schwierigen Umfeldbedingungen" 410 Arbeitsplätze abbauen müsse. Allein in der Vliesstoffe KG im Stammwerk Weinheim seien 349 Beschäftigte betroffen.

Weitere 109 Stellen würden in den Werken Kaiserslautern und Bochum gestrichen (wir berichteten). Dazu hat gestern der Vorstand der Ortsgruppe Weinheim der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) Stellung genommen.

In einer Presserklärung heißt es: "Das betrifft ein Viertel der heutigen Vliesstoffe-Belegschaft in Weinheim." Kern der Kostensenkung, die bezeichnenderweise unter dem Motto "Fit für die Zukunft" laufe, sei die Verlagerung der Autoinnenfilter-Fertigung nach Osteuropa und die Verlagerung von Versuchsanlagen und Teilen der Entwicklung von Weinheim nach Kaiserslautern, dort sei auch das zukünftige Technologiezentrum geplant. Außerdem seien alle anderen Bereiche einschließlich der Verwaltungsfunktionen betroffen. So solle Zum Beispiel die Buchhaltung nach Rumänien verlagert werden. Darüber hinaus drohe die Geschäftsleitung der Vliesstoffe KG weiteren Personalabbau an, wenn es bei der aktuellen Tarifrunde, von Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft, keine Zugeständnisse im Hinblick auf flexiblere und verlängerte Arbeitszeiten und Einschnitte bei Lohn und Gehalt gebe. "Durch Erpressung und Ausnutzung der Angst der Beschäftigten vor Entlassungen, versucht die Geschäftsleitung hier die Gewerkschaft und den Betriebsrat zur Zustimmung zu diesen Maßnahmen zu bewegen", heißt es wörtlich in der Presseerklärung der IG BCE.

Besonders schlimm sei, dass diese Maßnahme durchgeführt werden soll, obwohl der Freudenbergkonzern jedes Jahr neue Gewinnsteigerungen einfahre. Statt das Geld in ausreichender Form in Weinheim in neue Technik und Produkte zu investieren, würden immer neue Betriebe im Ausland aufgekauft und als interne Konkurrenten aufgebaut. Mit der Entscheidung, die Autoinnenfilter-Fertigung nach Osteuropa zu verlagern, werde ein weiterer Bau-stein aus dem Weinheimer Produktionsstandort herausgebrochen. "Damit setzt sich der schleichende Ausverkauf des Standorts Weinheim des Freudenbergkonzerns fort", sagte Schmitt. Während im Jahr 1970 noch rund 14700 Menschen bei Freudenberg in Weinheim eine Beschäftigung hatten, seien es zurzeit noch nicht einmal mehr 6000 Beschäftigte mit fallender Tendenz. Zurzeit werde bei der Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik GmbH in Weinheim ein Teil der Großserienproduktion nach Ungarn verlagert, ebenfalls verbunden mit massivem Stellenabbau. Auch bei der Freudenberg Anlagen- und Werkzeugtechnik GmbH in Laudenbach habe es massiven Personalabbau gegeben. Während es vor einem Jahr noch über 320 Beschäftigte gab, seien es heute nur noch rund 250. Aufgrund der schwierigen Geschäftslage beabsichtige die dortige Geschäftsleitung nun weitere drastische Einschnitte bei der Arbeitszeit sowie bei den Löhnen und Gehältern.

Des Weiteren seien zusätzliche Geschäftsbereichsaufspaltungen sowohl bei der Vliesstoffe KG als auch bei der Service KG zum Jahresbeginn 2006 vorgesehen. Die Folgen für die Beschäftigten seien zum heutigen Zeitpunkt noch nicht endgültig abzusehen. Bei der Service KG habe dies aber den Verkauf der Logistik mit etwa 74 Beschäftigten an die Spedition Dischinger zur Folge. "Die Verlagerungs- und Rationalisierungspolitik der Betriebe und Konzerne bewirkt im Zusammenspiel mit der offiziellen Politik nur noch Armut und Perspektivlosigkeit für immer mehr Menschen", befürchtet Helmut Schmitt, Vorsitzender der Ortsgruppe Weinheim der IG BCE. In Weinheim betreffe dies aktuell nicht nur den Freudenbergkonzern, sondern auch die Firma Naturin und die Firma 3 Glocken. Bei Naturin werde der Bereich der Kunststoffproduktion mit über 100 Arbeitsplätzen nach Tschechien und Brasilien verlagert. 3 Glocken werde in die Firma Birkel in Mannheim integriert; 130 Arbeitsplätze würden dadurch in Weinheim verloren gehen.

Die IG BCE lädt deshalb, gemeinsam mit dem DGB Weinheim, alle interessierten Menschen zu einem ersten Treffen ein, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen. Das Treffen findet am Donnerstag, 10. November, um 19 Uhr, im Kellersaal der "Woinemer Hausbrauerei", Friedrichstraße 23, statt.

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